Systemische Aufstellungen in Organisationen

 

Was sind systemische Aufstellungen?

Die Systemaufstellung ist ein bildgebendes Verfahren, also eine spezielle Art der Darstellung von Zusammenhängen und Dynamiken in einem System. Die Methode des systemischen Familienaufstellens hat ihre Wurzeln in der Familientherapie und wurde der breiteren Öffentlichkeit in den 1990er Jahren bekannt. Unter dem Titel „Organisationsaufstellung“ wurde diese Methode für den Einsatz in Arbeitskontexten weiterentwickelt und wird inzwischen immer häufiger bei Fragestellungen in Unternehmen eingesetzt. Sie hilft, um konkrete berufliche Themen zu beleuchten, Teamentwicklungsprozesse voranzubringen oder verschiedenste Entscheidungssituationen zu bearbeiten.

Wie werden sie konkret eingesetzt?

Die Aufstellung eines anwesenden Teams oder mit Stellvertretern zeigt im ersten Schritt die aktuelle Situation. Dieses Anfangsbild kann für die Teilnehmenden mit starken, teils schmerzhaften Gefühlen einhergehen. In den weiteren Prozessschritten kann es immer wieder zu emotionalen Situationen kommen. Die freiwerdenden Emotionen können aber im Laufe des Prozesses bearbeitet werden, so dass Klärung, Versöhnung und Akzeptanz möglich sind. Gelegentlich müssen einzelne Aspekte im nächsten Schritt z.B. durch Konfliktmoderation, Coaching oder eine weitere Aufstellung weiterbearbeitet werden.

Ich kenne viele Beispiele, in denen schon die historisch und hierarchisch „richtige Ordnung“ die Lösung der Fragestellung ist. Ein Teilnehmer in einer Teamaufstellung sagte: „Jetzt weiß ich endlich was mein Platz und meine Rolle im Team ist. Das hilft mir sehr!“ Es kann passieren, das Einzelne in der Aufstellung zwar ihren Platz einnehmen können, sich aber abgehängt oder minderwertig fühlen. In solchen Situationen ist es hilfreich, wenn alle Mitglieder des Teams diesen Personen wertschätzend mitteilen, wofür sie wichtig sind in diesem Team und was sie besonders gut können. So eine „Dusche“ der Anerkennung führt meistens dazu, dass der Platz danach angenommen werden kann.

Ein Fall aus der Praxis

In einem Teamworkshop wollte ein Führungsteam mit Hilfe einer Aufstellung seine Wirkung ins Unternehmen und zu den Kunden näher unter die Lupe nehmen. Gemeinsam mit dem Team habe ich fünf Elemente identifiziert, die für diese Aufstellung wichtig waren.

„Der Vorstand“

„Das Management“

„Kundengruppe A“

„Kundengruppe B“

„Die Mitarbeitenden“

Damit es zu keiner Manipulation kommen konnte, habe ich die Aufstellung „verdeckt“ gemacht, d.h. die Stellvertreter wussten nicht, für wen sie stehen. Dafür wurden die Stellvertreter zu erst einmal aus dem Raum geschickt. Der Rest des Teams gab den fünf Elementen Buchstaben von A – E. Die Stellvertreter durften sich dann im Anschluss einen Buchstaben, die auf Karten geschrieben waren, aussuchen.

Zuerst habe ich sie aufgefordert, sich einen Platz in der Aufstellung zu suchen, der ihnen passend erschien. Dieser Prozess dauerte eine Weile, weil die Stellvertreter Schwierigkeiten hatten, einen guten Platz zu finden. Der Rest des Teams schaute als Beobachter staunend von außen zu. Der Vorstand, der Beobachter der Aufstellung war, sagte überrascht: „Das gibt es doch nicht! Genauso sieht es bei uns aus!“ Auch die anderen mussten schmunzeln, als sie den Prozess beobachteten.

Das dann entstandene Anfangsbild zeigte, dass der „Vorstand“ sich hauptsächlich auf die „Kundengruppe A“ konzentrierte, die alle Aufmerksamkeit einforderte. Das „Management“ war dicht bei den „Mitarbeitenden“, die wiederum auf die „Kundengruppe B“ schaute. Insgesamt standen alle so, dass alle sich gegenseitig im Weg stand.

In Rücksprache mit dem Vorstand habe ich nun einen Stellvertreter für die „Ziele des Managementteams“ ausgewählt und ihn gebeten, sich einen passenden Platz zu suchen. Als er seinen Platz gefunden hatte, kamen die anderen Stellvertreter in Bewegung. Der Stellvertreter des „Vorstands“ wendete sich von der fordernden „Kundengruppe A“ ab und den „Zielen des Managementteams“ zu. In dem Moment konnte das „Management“ gemeinsam mit den „Mitarbeitenden“ an die Seite des „Vorstandes“ gehen, um einen guten Blick auf die Ziele zu haben. Die „Kundengruppe B“ stellte sich zu den „Zielen des Managementsteams“ und fühlte sich dort sehr gut. Die „Kundengruppe A“ ging vom „Vorstand“ weg und wendete sich den „Zielen des Managementteams“ zu. Im Schlussbild fühlten sich alle Stellvertreter wohl an ihrem Platz.

Der Vorstand war während des ganzen Prozesses sehr aufgeregt. Was er da sah, brachte ihm und den Kollegen einen großen Erkenntnisgewinn. „Jetzt sehe ich ganz klar, was unsere nächsten Schritte sein müssen. Damit hätte ich nie gerechnet, dass ich so viel Informationen aus einer Aufstellung bekommen kann.“

Der Energielevel in der Gruppe war danach extrem hoch. Innerhalb kurzer Zeit erarbeitete sie einen Maßnahmenplan für die nächsten Schritte, ohne sich in Streitereien oder Diskussionen über Details zu verlieren.

Fazit:

Aufstellungen wirken durch Bilder und Erleben, was andere Erkenntnisprozesse in Gang setzt, als wenn man „nur“ darüber nachdenkt. Diese Bilder wirken viel nachhaltiger und sind in späteren Situationen auch Rasch wieder ins Bewusstsein zu holen.

In einem Telefonat zwei Monate später zog der Vorstand aus dem Fallbeispiel folgendes Fazit: „Sie glauben nicht, wie sehr sich die Stimmung in meinem Führungsteam verändert hat. Wir treten jetzt ganz anders und viel geschlossener auf und bekommen eine neue und sehr positive  Resonanz von den Kunden.“